Auf manche Themen muss man erst mal kommen! Ich hätte zum Beispiel nicht damit gerechnet, dass jemand eine Klage einreicht, um die Bezeichnung seiner verfallenen Burg als „Lost Place“ anzugreifen. Aber genau das ist geschehen und Gegenstand eines Verfahrens vor dem Amtsgericht München gewesen (Urteil vom 09.04.2021, Az. 142 C 14251/20).
Wie so oft ging es natürlich um Geld. Lost Places sind beliebte Fotomotive. Zeugen sie doch von früherem Leben in Räumlichkeiten und regen die Gedanken an, wann der Ort wohl verlassen wurde. Zahlreiche Webseiten dokumentieren solche Orte. Auf einer dieser Webseiten sind auch Fotos einer verlassenen Burg in Thüringen. Die Burg wurde erstmals im 9. Jahrhundert erwähnt und befindet sich im Eigentum einer US-amerikanischen Gesellschaft. Die Fotos zeigen den ruinösen Zustand der Burg sowohl von Außen als auch von Innen.
Die US-Gesellschaft klagte nun auf Schadensersatz (insgesamt 4.500 €) gegen den Webseitenbetreiber und argumentierte, sie sei Inhaberin der Urheberrechte. Sie führte eine „Verletzung ausländischen Copyrights“ an und in der Verbreitung der Fotos liege eine Verletzung des „foreign copyrights claims“ und „moralischer Rechte“. Und außerdem sei die Bezeichnung der Burg als „Lost Place“ unwahr, da diese weder verloren noch verlassen sei.
Das Amtsgericht München hat die Klage – aus meiner Sicht völlig richtig – vollständig abgewiesen. Die klagende Gesellschaft kann als juristische Person schon nicht Inhaberin der Urheberrechte sein! Diese erwirbt sie auch nicht dadurch, dass sie Eigentümerin der Burg ist. Und schließlich ist die Bezeichnung der Burg als „Lost Place“ nach zutreffender Auffassung des Gerichts eine „offenkundig wahre Tatsachenbehauptung“, so dass eine Verletzungshandlung nach § 823 Abs. 1 BGB schon von vornherein ausscheidet.
In diesem Fall ist die Bezeichnung als „Lost Place“ damit zulässig gewesen. In anderen Fällen ist aber genau abzuwägen, ob der Ort wirklich verlassen ist. Denn die Bezeichnung und Publikation auf einer Webseite kann auch weitere Besucher anziehen. Wenn das Eigentum besonders geschützt ist (Zäune usw.), kann die Bezeichnung als „Lost Place“ deshalb unter Umständen eine Rechtsverletzung darstellen.