Eine spannende und weitreichende Entscheidung hat das oberste japanische Gericht, der Supreme Court, getroffen: Geklagt hatte ein Fotograf, dessen Foto bei Twitter in einen Tweet eingebunden war. Und dieser Tweet wurde retweetet.
Wer Twitter nicht kennt: unter jedem Beitrag (Tweet) gibt es die Möglichkeit für andere User, per Knopfdruck einen Retweet zu senden. Dadurch wird der ursprüngliche Beitrag auch den Followern des retweetenden Users angezeigt. Bei einem Retweet verkleinert Twittert aber das ursprüngliche Foto etwas, damit es in das Twitter-Format passt. Und in diesem speziellen Fall war dabei der Name des Fotografen ausgeblendet worden. Wohlgemerkt: ohne aktive Handlung des Users. Er hatte einfach nur die Retweet-Funktion genutzt.
Der japanische Supreme Court (durch seine 3. Kammer) sah darin eine unerlaubte Bearbeitung der Fotographie und damit eine Urheberrechtsverletzung. Zudem werde das Recht des Urhebers auf Urheberbenennung verletzt.
Als Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht vertrete ich regelmäßig Fotografen und andere Urheber, die gegen unerlaubte Bearbeitungen ihrer Werke vorgehen. Und ihr Recht auf Urheberbenennung geltend machen. Ich hätte aber von einem Prozess wegen eines Retweets abgeraten. Und auch nach der japanischen Entscheidung bin ich nicht sicher, wie ein deutsches Gericht hier entscheiden würde.
Was mich an der Richtigkeit der Entscheidung zweifeln lässt: Es ist nur die komprimierte Anzeige des Fotos bei einem Retweet, die wie eine Beschneidung aussieht. Klickt man als Leser allerdings auf das Foto wird es in voller Größe angezeigt. Die Fotographie selbst ist also nicht bearbeitet worden.
Die Rechtsentwicklung werde ich weiter verfolgen und meine Mandanten entsprechend beraten. Vorerst bleibt es eine bemerkenswerte Entscheidung in Japan, die keine direkte Wirkung in Deutschland hat. Berichtet über die Entscheidung hat The Asahi Shimbun.
Übrigens hat das japanische Recht einige Verknüpfungen zum deutschen Recht. Während meines Studiums habe ich ein Seminar „Einführung in das japanische Recht“ belegt und verfolge seitdem mit großem Interesse die dortigen Entwicklungen.