Es klingt so nebensächlich und ist doch dramatisch: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ganz frisch entschieden, dass YouTube bei der Verfolgung von Verstößen gegen das Urheberrecht auf Verlangen des Geschädigten nur die Postadresse herausgeben muss. Es besteht danach kein Anspruch auf Mitteilung der E-Mail-Adresse oder der Telefonnummer.
Haben Sie sich schon mal bei einem Sozialen Netzwerk wie Facebook oder einer Plattform wie YouTube registriert und dabei Ihre volle Postadresse angegeben? Eben! Die Anschrift wird weder abgefragt noch ist es üblich, sie zu hinterlegen. Notwendig ist allerdings eine E-Mail-Adresse und oft auch eine Telefonnummer, um eine Verifikation zu ermöglichen.
Und wenn die Postadresse nicht hinterlegt ist, was nützt dann der Anspruch auf Mitteilung? Nichts. Und das ist gerade der Punkt! Mit seinem Urteil schützt der EuGH alle Rechtsverletzer im Internet. Sie können sich nun auf den Plattformen vergnügen und müssen nichts befürchten.
Das Urheberrecht geht ins Leere. Mit der E-Mail-Adresse oder der Telefonnummer würde noch eine Chance bestehen, zum Rechtsverletzer durchzudringen. Und ihn dann zur Unterlassung aufzufordern und nötigenfalls zu verklagen.
Nun hat man zukünftig einen Anspruch auf die Nennung der Postadresse, die die Plattform aber auch nicht kennt. Im Ergebnis bleibt deshalb nur noch die Möglichkeit, eine Löschung der rechtsverletzenden Inhalte auf der Plattform zu veranlassen. Und das wird dann womöglich zum Hase-und-Igel-Wettlauf. Immer wenn eine Urheberrechtsverletzung gelöscht ist, steht schon die nächste online. So schnell wie das möglich ist, kann man gar keine Löschungsanträge stellen.
Ich bin über das Urteil ziemlich entsetzt und kann nur hoffen, dass eine Welle der Kritik über den EuGH einbrechen wird. Denn nur er kann sein Urteil revidieren und das ist dringend notwendig!
Aktenzeichen des EuGH-Verfahrens: C-264/19 (Constantin Film ./. YouTube)
Datum des Urteils: 09.07.2020