Bei der Veröffentlichung von Fotos mit Personen gibt es einen abgestuften Schutz, je nachdem wie stark die Person in der Öffentlichkeit steht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) unterscheidet dabei zwischen Politikern („politicians/personnes politiques“), sonstigen im öffentlichen Leben oder im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Personen („public figures/personnes publiques“) und Privatpersonen („ordinary persons/personnes ordinaires“). Dabei werden einer Berichterstattung über Privatpersonen engere Grenzen als den sonstigen Personen des öffentlichen Lebens. Am schwächsten fällt der Schutz der Politiker aus.
Das OLG Dresden hat in einem lesenswerten Urteil nun entschieden, dass unter den Personenkreis des Politikers auch Personen fallen können, die Verwaltungsbeamte sind und überhaupt nicht gewählt wurden. Ob das vom EGMR so gemeint war, da habe ich durchaus meine Zweifel. Aber sei’s drum, ich war an dem Verfahren nicht beteiligt. Geklagt hatte eine Kämmerin gegen eine Presseberichterstattung, bei der mit einem Foto über ihre gesundheitsbedingte Abwesenheit berichtet wurde. Die sächsische Gemeindeordnung sieht in § 28 eine Bestimmung der Kämmerin mit Zustimmung des Gemeinderats vor – aber gerade keine Wahl.
Das OLG Dresden macht die Kämmerin jedoch zur Politikerin, indem es auf die in der Gemeinde herausgehobene Stellung bei der Haushaltsaufstellung und Mittelverwendung abstellt. Und als solche muss sie auch die Berichterstattung über Vorgänge dulden, die mit der Amtsführung in unmittelbaren Zusammenhang stehen. Der Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK wurde daher zurückgewiesen. Bessere Chancen hätte die Frau gehabt, wenn sie als im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehende Person eingestuft worden wäre.
OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Urteil vom 2. Juni 2020, Az.: 4 U 51/20
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