Im Jahr 2019 begeisterte die in Deutschland produzierte und ausgestrahlte Netflix-Serie „Skylines“ ihre Fans. Die Serie handelt vom fiktiven Plattenlabel Skyline Records und ihrer Verbindung zur organisierten Kriminalität. Als Hauptdarsteller fungiert u.a. Edin Hasanovic. Er spielt den Hip-Hop-Produzenten Jinn, der mit dem Rapper Kalifa (gespielt von Murathan Muslu in Anlehnung an den Offenbacher Rapper Haftbefehl).

Durch die Serie fühlte sich der Inhaber eines wirklich bestehenden Plattenlabels in seinen Rechten verletzt. Einerseits hatte er, nach Bewerbung der Netflix-Serie, aber noch vor deren Ausstrahlung, Markenschutz für die Wortmarken „Skylines“ und „Skyline Record“ angemeldet. Andererseits ist er der Ansicht, mit den Figuren „Jinn“ und „Kalifa“ zeichne die Serie für Dritte erkennbar sein Leben und seinen Aufstieg als Hiphop und Rap-Künstler und Inhaber des Tonträger-Labels „Skyline Records“ nach. Das verletze ihn in seinen Persönlichkeitsrechten. „Jinn“ trage ähnliche Gesichtszüge wie er selbst in jungen Jahren und stamme wie er aus gutbürgerlichen Verhältnissen. wie er habe er eine Schwester und sonst keine weiteren Geschwister. Schließlich sei auch der Musikstil ähnlich.
Sein Unternehmerpersönlichkeitsrecht werde durch Inbeziehungsetzung zur Drogenszene verletzt. Er werde als Person und mit seiner Firma dem gewaltbereiten organisierten kriminellen Milieu und dem Drogenhandel zugeordnet, was eine schwerwiegende Entstellung und Herabwürdigung bedeute.
Das übliche Mittel, gegen solche vermeintlichen Rechtsverletzungen vorzugehen, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (nach vorheriger erfolgloser Abmahnung). Darüber entscheidet vorliegend das Landgericht Frankfurt am Main. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 wies das Gericht den Antrag zurück: Die Kunstfreiheit der Antragsgegnerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG überwiege hier das Schutzinteresse des Antragstellers. Danach bestehe für den Inhalt der Serie die Vermutung der Fiktionalität, die hier nicht zugunsten der Rechte des Antragstellers widerlegt sei.
Dagegen ist der Antragsteller mit einer sofortigen Beschwerde vorgegangen, die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 21.11.2019 zurückgewiesen wurde (16 W 56/19). Danach steht fest, dass die Verbreitung der Serie „Skylines“ durch die Kunstfreiheit geschützt ist. Sie verletzt weder das Persönlichkeitsrecht noch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des Antragstellers. Die künstlerische Gestaltung der Lebensläufe der Protagonisten und der Geschäftstätigkeit der Firma seien demnach verselbständigt und ausreichend künstlerisch transzendiert worden, so dass Kunstbild und Urbild unterscheidbar bleiben.
Mit den beiden Beschlüssen wurde erneut die Kunstfreiheit gestärkt. Für mich sind die Beschlüsse nicht überraschend. Die Übereinstimmungen zwischen der Serie und dem Antragsteller sind viel zu vage, um die Persönlichkeitsrechte gegenüber der Kunstfreiheit überwiegen zu lassen. Warum der Antragsteller trotzdem vor Gericht gezogen ist, weiß ich natürlich nicht. Man kann auch nicht pauschal sagen, dass er anwaltlich schlecht beraten wurde. Denn manchmal geht man bewusst einen solchen Weg, auch wenn die Erfolgsaussichten gering sind. Denn immerhin konnte der Antragsteller die Verfahren für eigenes Marketing nutzen. So viele Medienberichte hätte er auf andere Weise sicher nicht so kostengünstig erhalten!