85 Teilnehmer trafen sich am 7. und 8. Oktober 2011 zum V. Heidelberger Kunstrechtstag. Veranstaltet durch das Institut für Kunst und Recht IFKUR e.V., dessen Mitglied Rechtsanwalt Jan Weber ist. Der zweite Tag stand im Zeichen des Kunstvertriebs. Nachfolgend eine Zusammenfassung der wichtigsten Referate und Diskussionen:
Pragmatischer Idealismus: Über das Arbeitsverhältnis von Galerist und Künstler
Der zweite Tag wurde durch Birgit Maria Sturm, Geschäftsführerin des Bundesverbands deutscher Galerien und Editionen e.V., eröffnet.
Sie warb für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Galerist und Künstler. Im Idealfall sei der Galerist Impulsgeber, Motor und Regisseur. Als Galerist müsse man sich in zwei diametral entgegengesetzten sozialen Milieus bewegen können: Auf der einen Seite die Künstler, auf der anderen Seite die Kunstkäufer.
Die Geschäftsbeziehungen sind regelmäßig sehr persönlich geprägt. Meistens gibt es keine schriftlichen Verträge. Viele Künstler hätten Angst, ihre Seele zu verkaufen und zum Kunstmarktkünstler abgestempelt zu werden. Erst später zeigten sich dann Probleme, insbesondere dann wenn eine Trennung anstehe.
Essentiell sei es, klare Absprachen über die Erlösverteilung zu treffen. Dabei reicht es meistens nicht aus, nur ein Verhältnis (z.B. 50:50) auszuhandeln, sondern es muss auch klar sein, wer die Produktionskosten der Kunstwerke trägt und wer die Marketingkosten (Vernissagen, Kataloge, etc.).
Kunstvertrieb durch Kunstvereine?
Im Anschluss stellte Anja Casser, Badischer Kunstverein Karlsruhe, sehr anschaulich die Geschichte der Kunstvereine und ihren Beitrag zur Kunstbildung und Kunstvermarktung vor. Die Institution „Kunstverein“ gibt es nur im deutschsprachigen Raum, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie sind entstanden als bürgerliche Initiativen zur Kunstaufklärung und besitzen üblicherweise keine eigene Sammlung. Ihr Konzept ist auf Wechselausstellungen ausgerichtet, lediglich die Jahresgaben der Künstler werden an die Mitglieder der Kunstvereine vertrieben. Üblicherweise wird der Erlös hälftig zwischen Künstlern und Kunstverein aufgeteilt. Frau Casser warb eindringlich dafür, den Künstlern für die Wechselausstellungen auch ein Honorar zu zahlen. Trotz knapper Budgets müsste dies immer möglich sein.
Die Spaltung von Kunstwerken aus rechtlicher Sicht
Einen spannenden Vortrag zu einem selten beleuchteten juristischen Komplex hielt dann Dr. Bruno Glaus, Rechtsanwalt aus Uznach in der Schweiz. Er befasste sich mit dem Zerteilen eines Werkträgers mit einem Werkzeug. Am Beispiel eines Gemäldes von Alexej von Jawlensky zeigte er die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen auf: Das Stillleben „Teller mit Äpfeln“ war bis 2005 auf der Rückseite mit einem grauen Anstrich und Signatur versehen. Die privaten Eigentümer ließen die Rückseite restauratorisch freilegen und es kam ein weiteres Bild zum Vorschein. Ohne Einwilligung der Rechtsnachfolger Jawlenskys wurde die Rückseite abgetrennt, restauriert, gerahmt und verkauft. Ein eigenständiges, neues Werk war geschaffen. Herr Glaus vertrat die nachvollziehbare Ansicht, dass eine Spaltung dann zulässig sei, wenn sich der Künstler nicht durch Übermalung von der Rückseite distanziert habe. Anders sehe es aber – wie im Beispiel – aus, wenn eine Freilegung erforderlich sei.
Abbildungen gemeinfreier Kunstwerke – Rechte des Sacheigentümers
In einem weiteren Vortrag befasste sich Dr. Timo Prengel, Hamburger Rechtsanwalt, mit der aktuellen Austellung „Gesichter der Renaissance“ im Berlin Bode-Museum. Dort werden gemeinfreie, d.h. urheberrechtlich nicht mehr geschützte, Kunstwerke gezeigt. Im Kontext der Ausstellung wird ein umfassendes Merchandising betrieben. Hier appelierte Prengel an die Leihgeber der Kunstwerke in den Leihverträgen klare Regelungen zur Abbildung der Kunstwerke aufzunehmen.
Die Rücken der Bilder – Relevanz von Hängungsanweisungen
Zum Abschluss befasste sich Dr. Urban von Detten, ebenfalls Hamburger Rechtsanwalt, mit der Relevanz von Hängungsanweisungen auf dem Rücken von Bildern. Dies können z.B. Richtungspfeile oder auch textliche Anweisungen zur Hängung und zum Kontext sein. Grundsätzlich hat der Künstler aus dem Urheberrecht keine Möglichkeit nach dem Erstverkauf eines bereits ausgestellten Bildes auf das Ausstellungsrecht einzuwirken. Insbesondere sind die Art der Hängung oder die Form der Beleuchtung keine eigenen technischen Verwertungsformen. Als Ausweg stehe jedoch § 14 UrhG zur Verfügung, der jedoch nur bei unzumutbaren Beeinträchtigungen ein Ausstellungsverbot begründe. Hier sieht von Detten einen Ansatzpunkt, indem er eine Hängungsanweisung auf der Rückseite zum untrennbaren Teil des Werkes erklärt. Dadurch sei es zwingend zu beachten. Im Ergebnis fiele die Interessenabwägung des § 14 UrhG in diesen Fällen immer zugunsten des Künstlers aus. Er könne also bei einem Verstoß gegen die Hängungsanweisung ein Verbot der Ausstellung erwirken.